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Blog-Artikel

Von Fachkraft zu Führungskraft?

Warum Familienunternehmen jetzt in Führungsqualität investieren müssen

Julian Vögele | Von Fachkraft zu Führungskraft
Julian Vögele | Von Fachkraft zu Führungskraft

Themen in diesem Artikel

In vielen Familienunternehmen beobachten wir derzeit eine ähnliche Entwicklung: Die Organisation ist über Jahre gesund gewachsen – mit ihr vermeintlich auch die Führungskräfte. Doch genau hier liegt häufig das Problem. Mitarbeitende, die einst in einer fachlichen oder operativen Rolle gestartet sind, haben Schritt für Schritt mehr Verantwortung übernommen – und stehen heute in Führungspositionen.

Das Problem dabei: Die Führungsverantwortung kam meist „on top“ – nicht als gezielte, bewusste Entwicklung. Es fehlt an Training, Reflexion und professioneller Begleitung. Was in kleinen Strukturen durch Nähe, Intuition und Pragmatismus noch funktioniert hat, reicht im komplexeren Umfeld nicht mehr aus. Denn mit dem Wachstum steigen nicht nur Umsatz und Organisationsstruktur, sondern auch die Anforderungen an moderne Führung. Gerade heute, wo Komplexität, Geschwindigkeit und Erwartungen von Mitarbeitenden zunehmen, braucht es methodisch, emotional und ethisch kompetente Führungskräfte. 

Die Wahrheit ist: Nie war Führung so entscheidend wie heute. Denn die Besetzung von Führungspositionen mit den richtigen Menschen ist kein organisatorisches Detail – sie ist eines der zentralen Erfolgsgeheimnisse eines jeden Unternehmens. Wer an dieser Stelle Kompromisse eingeht oder zu lange wartet, riskiert nicht nur Reibungsverluste, sondern verpasst echte Entwicklungschancen – für Menschen und für das Unternehmen. Doch wie kann man erkennen, ob jemand dieser Rolle gerecht wird? Und wann ist der Punkt erreicht, an dem man sich besser von einer Führungskraft trennt – oder gezielt in deren Entwicklung investiert?
 

Warum das Bauchgefühl nicht reicht

Viele Geschäftsführer verlassen sich auf ihr Gefühl: „Ich sehe doch, ob jemand führen kann.“ Natürlich liefern Alltag, Gespräche und Ergebnisse Hinweise. Doch in der Praxis beobachten wir häufig, dass Selbst- und Fremdbild massiv voneinander abweichen – oft mit negativen Konsequenzen für die Mitarbeitenden, das Teamklima und die Per-formance. Erst wenn die Unzufriedenheit steigt, die Fluktuation zunimmt oder Projekte ins Stocken geraten, wird das Thema Führung sichtbar – oft zu spät.
 
Ein strukturiertes Führungskräfte-Assessment hilft, systematisch zu messen, zu reflektieren und gezielt weiterzuentwickeln. Denn Führung ist kein Zufallsprodukt – sie braucht Klarheit, Feedback und die Bereitschaft zur Veränderung.
 

Vier Dimensionen wirksamer Führung

Wirksame Führung zeigt sich nicht in einer einzelnen Stärke, sondern in einem ausgewogenen Zusammenspiel mehrerer Kompetenzfelder. In unserer Arbeit mit Familienunternehmen haben sich vier zentrale Dimensionen herauskristallisiert, die Führung in ihrer ganzen Tiefe erfassen – und gleichzeitig greifbar machen.
 
Die erste Dimension ist die fachliche Kompetenz. Sie beschreibt das Fundament, auf dem viele Führungskräfte aufbauen: ein tiefes Verständnis von Markt und Branche, unternehmerisches Denken, Erfahrung in Strukturen, Prozessen und Abläufen. Diese Kompetenz ist oft stark ausgeprägt – nicht zuletzt, weil viele Führungskräfte aus operativen Rollen kommen, in denen sie ihr Fachwissen unter Beweis gestellt haben. Fachliche Kompetenz schafft Glaubwürdigkeit und Sicherheit. Sie ist die Basis, auf der Vertrauen entsteht, reicht allein jedoch nicht aus.
 
Die zweite Dimension, die Management-Kompetenz, betrifft die Fähigkeit, Komplexität zu strukturieren und Verantwortung zu organisieren. Sie zeigt sich darin, wie gut eine Führungskraft plant, delegiert, entscheidet und Prioritäten setzt. Genau hier tun sich viele schwer. Statt den Rahmen zu schaffen, innerhalb dessen das Team erfolgreich arbeiten kann, verfangen sich Führungskräfte im Tagesgeschäft. Sie halten Aufgaben fest, weil sie glauben, es selbst am besten zu können. Es fehlt an klarer Zielsetzung, nachvollziehbaren Entscheidungen und konsequenter Umsetzung. Die Folge ist oft Überlastung – bei der Führungskraft selbst und im Team. Management-Kompetenz bedeutet, den Raum für gute Arbeit zu gestalten – nicht, jede Aufgabe selbst zu übernehmen.
 
Die dritte Dimension ist die Führungskompetenz im engeren Sinne – also der direkte Umgang mit Menschen. Hier entscheidet sich, wie eine Führungskraft kommuniziert, motiviert, Konflikte angeht und Feedback gibt. Wer in diesem Feld stark ist, schafft Vertrauen, inspiriert und entwickelt seine Mitarbeitenden weiter. Wer hingegen Konflikte meidet oder Erwartungen nicht ausspricht, riskiert Frustration, Missverständnisse und letztlich Fluktuation. Führungskompetenz heißt, sich auf Menschen einzulassen, sie ernst zu nehmen, Klarheit zu schaffen und sie auf ihrem Weg zu begleiten. Gerade in Familienunternehmen, in denen Beziehungen und Loyalität eine große Rolle spielen, ist diese Dimension oft der Schlüssel zur langfristigen Bindung und Entwicklung von Talenten.
 
Die vierte Dimension schließlich ist die ethische Kompetenz – und sie ist oft die stillste, aber wirkungsvollste. Sie beschreibt die innere Haltung einer Führungskraft: Lebt sie die Werte, für die sie einsteht? Übernimmt sie Verantwortung – auch dann, wenn es unbequem wird? Handelt sie integer und glaubwürdig? Diese Form der Kompetenz zeigt sich im Alltag, nicht in Worten, sondern im Verhalten. Eine Führungskraft, die Wandel fordert, aber selbst an alten Mustern festhält, verliert ihre Wirkung. Ethische Kompetenz ist kein moralisches Extra – sie ist die Voraussetzung für Vorbildfunktion und Vertrauensbildung. Nur wer selbst verkörpert, was er erwartet, kann wirklich führen.
 
Diese vier Dimensionen – fachlich, organisatorisch, zwischenmenschlich und werteorientiert – bilden gemeinsam das Profil einer wirksamen Führungskraft. Nicht jede Führungskraft ist in allen Feldern gleich stark. Entscheidend ist jedoch die Bereitschaft, sich ehrlich zu reflektieren, offen für Feedback zu sein und sich weiterzuentwickeln – als Mensch, als Führungspersönlichkeit, als Verantwortungsträger im Unternehmen.
 

Der Weg zum Assessment

Im ersten Schritt wird ein unternehmensspezifisches Führungsleitbild entwickelt. Es beantwortet zentrale Fragen: Welche Haltung, welches Verhalten und welche Aufgaben erwarten wir von unseren Führungskräften? Was bedeutet Führung in unserem Kontext – und warum ist sie entscheidend für unseren Erfolg? Dieses Leitbild ist mehr als ein Idealbild: Es schafft Orientierung, Identifikation und Verbindlichkeit.
 
Auf dieser Basis werden konkrete Kompetenzen in den vier Dimensionen definiert – etwa: Die Führungskraft setzt klare Ziele, sie schafft Sicherheit und Orientierung, sie erkennt Entwicklungspotenziale und fördert diese, sie lebt unsere Werte und übernimmt Verantwortung. Diese Kriterien fließen in das Assessment ein, ergänzt um rollen- und bereichsspezifische Anforderungen.
 
Das zentrale Instrument ist ein 360°-Feedback, das ein umfassendes Bild ermöglicht. Die Führungskraft schätzt sich selbst ein, erhält aber auch Rückmeldungen von direkten Mitarbeitenden, Kolleginnen und Kollegen auf gleicher Ebene sowie der Geschäftsführung. Die Befragung erfolgt anonym, digital und wird systematisch ausgewertet. Die Ergebnisse eröffnen einen klaren Blick auf Stärken, Entwicklungspotenziale und mögliche blinde Flecken.
 

Welchen Mehrwert bringt ein Assessment dem Unternehmen?

Ein Praxisbeispiel macht die Wirkung deutlich: Ein Familienunternehmen mit 250 Mitarbeitenden stand vor einer Wachstumsphase. Die Geschäftsführung hatte Zweifel, ob das Führungsteam den steigenden Anforderungen gewachsen war. Fachlich stark, aber in Führung oft unsicher – ein vertrautes Muster. Nach der Entwicklung eines eigenen Führungsleitbilds folgte ein strukturiertes Assessment. 

Das Ergebnis: In vielen Fällen klafften Selbst- und Fremdbild weit auseinander. Führungskräfte, die sich selbst als klar und wirksam beschrieben, wurden von ihren Teams ganz anders wahrgenommen. Gleichzeitig zeigten sich ungeahnte Potenziale bei jüngeren Führungskräften, denen bislang das Vertrauen gefehlt hatte.
 
Entscheidend war der nächste Schritt: Die Reflexion. In vertraulichen Einzelgesprächen wurden die Ergebnisse nicht nur analysiert, sondern aktiv als Grundlage für Entwicklung genutzt. Manche Führungskräfte erhielten Coaching, andere neue Aufgaben oder zusätzliche Verantwortung. In zwei Fällen wurde eine Rückkehr in die Fachrolle gemeinsam beschlossen – nicht als Rückschritt, sondern als bewusste Neuausrichtung. Die Effekte waren deutlich spürbar: Die Führungsqualität stieg, Mitarbeitende fühlten sich besser unterstützt, die Fluktuation sank. Gleichzeitig wurde die Kultur nachhaltiger – weil Führung kein blinder Fleck mehr war, sondern aktiv gestaltet wurde.
 
Was bleibt: Wer Führungspositionen mit den richtigen Menschen besetzt, stellt Weichen für Stabilität, Entwicklung und Kultur – langfristig und wirksam.
 

Fazit: Führung entscheidet

Gerade in Familienunternehmen ist Führung kein Nebenprodukt – sie ist ein zentraler Hebel für nachhaltigen Erfolg. Wer heute wachsen, transformieren und Talente binden will, braucht Führungskräfte, die mehr können als Fachexperte sein. Sie müssen Sinn geben, Menschen bewegen und Veränderung vorleben.

Ein systematisches Führungskräfte-Assessment hilft, Potenziale sichtbar zu machen, Entwicklung gezielt zu fördern und Fehlbesetzungen zu vermeiden. Es schafft Klarheit, Verbindlichkeit und Wirksamkeit – und bringt Führung auf ein neues Niveau. Vor allem aber trägt es dazu bei, Führungspositionen mit den richtigen Menschen zu besetzen – und damit eines der wirksamsten Erfolgsprinzipien überhaupt in die Realität zu bringen.
Autor

Julian Vögele

Senior Projektleiter
Julian Vögele
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