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Blog-Artikel

Künstliche Intelligenz im Vertrieb

Ein Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit deutscher Familienunternehmen

Julian Vögele | Künstliche Intelligenz im Vertrieb
Julian Vögele | Künstliche Intelligenz im Vertrieb

Themen in diesem Artikel

Während Künstliche Intelligenz (KI) in Ländern wie den USA und China bereits weit verbreitet ist, wird ihr Potenzial in Deutschland – insbesondere im Mittelstand – noch nicht voll ausgeschöpft. Gerade deutsche Familienunternehmen, die das Rückgrat der Wirtschaft bilden, begegnen KI oft mit Zurückhaltung. Dabei kann sie gerade im Vertrieb enorme Vorteile bieten: von der präziseren Kundenansprache über verbesserte Verkaufsprognosen bis hin zur Automatisierung von Prozessen.

In einer zunehmend digitalisierten Welt bietet KI die Möglichkeit, traditionelle Stärken wie enge Kundenbeziehungen und hochwertige Produkte durch innovative Technologien zu ergänzen. Die Herausforderung besteht darin, diese Technologie nicht als Bedrohung, sondern als Chance zu sehen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und die Zukunft aktiv zu gestalten. Welche konkreten Anwendungsfälle von KI sind also im Vertrieb denkbar und wie können Familienunternehmen davon profitieren?

Kundensegmentierung und Personalisierung

Eines der wesentlichen Anwendungsgebiete liegt in der Kundensegmentierung und Personalisierung. Diese beiden Facetten sind entscheidend, um in einem wettbewerbsintensiven Marktumfeld erfolgreich zu bleiben. KI ermöglicht es, detaillierte Kundenprofile zu erstellen und maßgeschneiderte Angebote zu entwickeln.

Beispiel: Personalisierte Angebote im Online-Handel eines Familienunternehmens
 
Ein traditionsreiches Familienunternehmen, das hochwertige Küchenaccessoires herstellt und online vertreibt, nutzt KI, um das Kaufverhalten seiner Kunden zu analysieren. Die KI erstellt detaillierte Profile basierend auf bisherigen Käufen, Vorlieben und Surfverhalten auf der Website. So kann das Unternehmen gezielt personalisierte Produktvorschläge und Angebote unterbreiten. Beispielsweise könnte einem Kunden, der häufig hochwertige Messer kauft, ein spezielles Angebot für eine neue Serie von Schneidebrettern gemacht werden. Diese Art der Personalisierung führt zu einer höheren Kundenzufriedenheit und steigert gleichzeitig die Verkaufszahlen.

Verkaufsprognosen und Bedarfsplanung

Einen weiteren Anwendungsbereich, für den sich KI bestens einsetzen lässt, sind Verkaufsprognosen auf Basis von vorhandenen Umwelt-Daten. Diese helfen Familienunternehmen dabei, ihre Produktion und Lagerhaltung präziser zu planen, indem sie saisonale Schwankungen und kurzfristige Veränderungen im Verbraucherverhalten berücksichtigen und prognostizieren.

Beispiel: Produktionsanpassung in der Lebensmittelindustrie basierend auf Wetterprognosen
 
Ein Familienunternehmen, das Grillgut produziert, setzt KI ein, um Verkaufsprognosen zu erstellen, die Wetterdaten und Feiertage berücksichtigen. Die KI analysiert historische Verkaufszahlen und aktuelle Wetterprognosen, um vorherzusagen, wann die Nachfrage nach Grillfleisch und Würstchen besonders hoch sein wird. Vor einem langen, sonnigen Wochenende im Sommer kann das Unternehmen seine Produktion entsprechend hochfahren, um die erwartete Nachfrage zu decken und gleichzeitig gezielte Promotion-Maßnahmen in Supermärkten zu planen. Dies minimiert Verluste durch Überproduktion und maximiert den Umsatz.

Optimierung der Preisgestaltung

Ein weiteres Feld, das für den Vertrieb schon immer eine extrem hohe Relevanz hatte, ist das Thema der Preisgestaltung. Sie spielt eine Schlüsselrolle im Vertrieb. KI kann durch Echtzeitanalysen dabei helfen, Preise dynamisch und wettbewerbsfähig zu gestalten und eine Form des dynamic Pricings auf die nächste Ebene heben.

Beispiel: Echtzeit-Preisanpassungen im E-Commerce bei einem Familienunternehmen für Outdoor-Ausrüstung

Ein Familienunternehmen, das seit Jahrzehnten hochwertige Outdoor-Ausrüstung verkauft, betreibt auch einen erfolgreichen Online-Shop. Die KI analysiert in Echtzeit verschiedene Faktoren wie das Wetter, Wettbewerberpreise und die Nachfrage nach bestimmten Produkten wie Zelten und Rucksäcken. Beispielsweise kann die KI erkennen, dass bei einem plötzlichen Temperaturanstieg in den Bergen die Nachfrage nach bestimmten Zelten steigt. Der Preis dieser Zelte kann daraufhin dynamisch angepasst werden, um die Gewinnmarge zu maximieren, ohne dass der Verkauf darunter leidet. Gleichzeitig können Rabatte auf ältere Lagerbestände gewährt werden, um Platz für neue Produkte zu schaffen.

Automatisierung von Routineaufgaben

Doch nicht nur auf der direkten Marktseite lassen sich Ansätze finden, auch in den indirekten Bereichen bietet KI einfache Ansätze zur Automatisierung von wiederkehrenden, gleichförmigen Aufgaben. Routineaufgaben im Vertrieb, wie die Bearbeitung von Kundenanfragen oder die Angebotserstellung, können durch KI effizienter gestaltet werden, was den Mitarbeitern mehr Zeit für strategischere Tätigkeiten lässt.

Beispiel: Automatisierte Beantwortung von Kundenanfragen bei einem Familienunternehmen im Bereich Heimwerkerbedarf

Ein Familienunternehmen, das eine breite Palette von Heimwerkerprodukten vertreibt, erhält täglich eine große Anzahl von Kundenanfragen, die von Produktverfügbarkeit bis zu technischen Spezifikationen reichen. Um diese Anfragen effizienter zu bearbeiten, wurde ein KI-gestützter Chatbot eingeführt, der in der Lage ist, die meisten dieser Fragen automatisch zu beantworten. Der Chatbot kann auf eine umfangreiche Datenbank zugreifen, um genaue Antworten zu liefern, und lernt kontinuierlich aus den Interaktionen, um immer besser auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen. Für komplexere Anfragen leitet der Chatbot die Kunden direkt an spezialisierte Mitarbeiter weiter. Dies verbessert nicht nur die Kundenzufriedenheit, sondern entlastet auch das Vertriebsteam erheblich.

Verbesserung der Kundenbindung und -zufriedenheit

Da die Rechnungen jedes Unternehmens durch seine Kunden bezahlt werden, sollte das Thema Kundenbindung und -zufriedenheit im absoluten Fokus stehen. Gleichzeitig stellen langfristige Kundenbeziehungen das Rückgrat vieler Familienunternehmen dar. KI kann dabei helfen, die Kundenzufriedenheit zu überwachen und proaktiv auf mögliche Probleme zu reagieren.

Beispiel: Kundenbindungsprogramme in einem traditionellen Familienunternehmen der Süßwarenbranche

Ein Familienunternehmen, das seit Generationen handgemachte Pralinen und Schokolade herstellt, nutzt KI, um die Kundenbindung zu stärken. Die KI analysiert das Kaufverhalten von Stammkunden und identifiziert Anzeichen für nachlassendes Interesse, wie beispielsweise längere Abstände zwischen den Bestellungen oder einen Rückgang der Einkaufsmenge. Das Unternehmen kann daraufhin gezielte Aktionen starten, wie zum Beispiel personalisierte Angebote, Gutscheine für zukünftige Käufe oder Einladungen zu exklusiven Verkostungsevents. Zusätzlich kann die KI auch vorhersagen, welche neuen Produkte oder Geschmacksrichtungen für bestimmte Kundengruppen besonders interessant sein könnten, was dem Unternehmen ermöglicht, seine Produktentwicklung stärker an den Kundenwünschen auszurichten und so die Bindung weiter zu festigen.

Herausforderungen und Erfolgsfaktoren

Bei all den positiven Anwendungsfeldern entsteht der Eindruck, KI müsse zukünftig zwangsläufig Anwendung finden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch die Implementierung von KI in den Vertrieb eines Familienunternehmens ist nicht ohne Herausforderungen. Die Anpassung traditioneller Geschäftsmodelle an neue Technologien erfordert eine sorgfältige Planung und die Einbindung der Mitarbeiter in den Veränderungsprozess, wie folgendes Beispiel in einem traditionsreichen Familienunternehmen der Textilindustrie zeigt.

Ein Familienunternehmen, das seit über 100 Jahren hochwertige Textilien herstellt, entschied sich, KI in seine Vertriebsprozesse zu integrieren, um den gestiegenen Anforderungen des Marktes gerecht zu werden. Um sicherzustellen, dass die Einführung der KI reibungslos verläuft, wurde ein umfassendes Schulungsprogramm für die Mitarbeiter entwickelt, das sowohl die technischen Aspekte als auch die Vorteile für ihre tägliche Arbeit erklärte. Darüber hinaus wurde ein internes Team aus Vertrieb und IT zusammengestellt, das die Integration und kontinuierliche Anpassung der KI überwacht. An sich wurden alle Anforderungen eines erfolgreichen Changes befolgt. Doch schnell merkten wir, dass die KI, welche für den Bereich Pricing eingesetzt werden sollte, eigenartige Konditionsmodelle lieferte. Der Vertrieb war dermaßen irritiert, dass er kurzerhand die KI-basierte Pricing-Funktion wieder ausstellte. Als wir nach einigen Wochen ein erstes Review durchführten, kam das Thema auf den Tisch. Nach ersten Recherchen machte sich bemerkbar, dass die Kalkulationsbasis, also die Inputgrößen für die KI, fehlerhaft waren. Doch anstatt den Themen nachzugehen, schob man die fehlerhafte Kalkulation auf die KI und kehrte zu manueller Preisfindung auf Basis persönlicher Erfahrungswerte zurück.

Für mich ein plakatives Beispiel, das es auch schon bei IT-Lösungen in der Vergangenheit gab, doch durch KI nochmal auf ein nächstes Level gehoben wird: Die Datenqualität eines Unternehmens muss passen. 

Fazit: Tradition trifft Innovation

Der Einsatz von KI im Vertrieb bietet deutschen Familienunternehmen eine einzigartige Gelegenheit, ihre traditionellen Stärken mit den Vorteilen moderner Technologie zu verbinden. Von präzisen Verkaufsprognosen über dynamische Preisgestaltung bis hin zur verbesserten Kundenbindung – KI kann helfen, nicht nur die Effizienz zu steigern, sondern auch die Kundenbeziehungen zu intensivieren und langfristig zu sichern.

Die spezifischen und detaillierten Beispiele machen deutlich, wie Familienunternehmen aus verschiedenen Branchen KI nutzen können, um ihren Vertrieb zu optimieren und gleichzeitig ihre traditionellen Werte und Beziehungen zu bewahren.

Erschienen in: DIE NEWS 10/2024

Autor

Julian Vögele

Senior Projektleiter
Julian Vögele
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