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Blog-Artikel

Eine Strategie umsetzbar machen – von Prognose zu Regnose

Perspektivenwechsel in der Strategie für Familienunternehmen

Johannes Josnik | Von Prognose zu Regnose bei der Strategieumsetzung
Johannes Josnik | Von Prognose zu Regnose bei der Strategieumsetzung

Themen in diesem Artikel

Beim Thema Strategie denken wir gerne an ein Weitwurf-Szenario, bei dem wir vom heutigen Standpunkt ausgehend unsere Ziele definieren und daraus schrittweise Meilensteine bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt ableiten. Trends und Marktveränderungen werden frühzeitig berücksichtigt und die Phasen der Strategieplanung dahingehend aktualisiert. Damit stehen Agilität und Kontinuität des Prozesses zwar im Vordergrund, dennoch setzt dieses Vorgehen etwas voraus, auf das wir heute kaum mehr vertrauen können: Sicherheit durch (langfristige) Planung. Stattdessen werden wir immer öfter mit grundlegenden Veränderungen quasi über Nacht konfrontiert. Inmitten unklarer Situationen trotzdem in die Umsetzung zu kommen, das ist der neue agile Weg. Was dazu nötig ist? Ein Perspektivenwechsel!

Jeder Strategieplanung unterliegen diverse Entscheidungsprozesse. Es gibt Probleme oder Ideen, die zunächst analysiert werden: Was wollen wir erreichen? Wie kommen wir dahin? Nachdem die Anforderungen klar sind und man sich für eine Handlungsoption als Lösungsweg entschieden hat, beginnt die Planung und schließlich Umsetzung des Projekts. Bei der Entscheidungsfindung wird es vor allem der Ertrag für das Unternehmen sein, der im Fokus steht und natürlich maximal sein soll. Doch fragen Sie sich an dieser Stelle einmal selbst: Wie häufig müssen Sie Entscheidungen treffen, obwohl Sie (noch) zu wenig über mögliche Konsequenzen wissen?
 

Sicherheit war gestern

Heute sind es die weltweiten Pandemiebedingungen, kritische Spannungen im Osten und global verheerende Wetterextreme, die von Feuer bis Hochwasser reichen. Und schon morgen können es bereits völlig andere Umstände sein, die unmittelbar oder indirekt Einfluss auf Ihre unternehmerischen Tätigkeiten und deren Erfolg nehmen. Dieses undurchsichtige Nebelfeld aus andauernder Ungewissheit macht es so schwer, Ertragspotentiale richtig oder überhaupt einschätzen zu können. An Klarheit, Sicherheit und Linearität wird es aber auch in Zukunft mangeln, weshalb wir grundlegend unsere Vorgehensweise bei der Strategiebildung überdenken sollten.

Regnose statt Prognose

Was zunächst wie eine seltsame Wortneuschöpfung klingen mag, bietet echten Mehrwert: „Regnose“ kann als wahres Zukunftsrezept verstanden werden, denn sie verhilft uns zu einer Veränderung der Perspektive, bei der wir die Zukunft nicht mehr länger nur auf uns zukommen lassen, sondern sie bewusst selbst formen. Aber gehen wir nochmal einen Schritt zurück und überlegen uns zuerst, was genau eigentlich eine Prognose ist. Privat als auch in der Unternehmenswelt produzieren wir ständig Prognosen. Wie wird das Wetter heute Abend? Werde ich rechtzeitig ankommen? Wird der Kunde das Angebot akzeptieren? Mittels dieser Fragen entsteht eine Vorstellung des Zukünftigen und wir versuchen, uns darauf vorzubereiten und herauszufinden, mit welchem Handeln wir letztendlich das beste Ergebnis erzielen können. Erneut steht also die Erwartung bezüglich eines bestimmten Ertrags im Vordergrund. Nicht selten haften sich an diese Vorstellungen jedoch auch Ängste und Sorgen und mit dem Ausmalen möglicher Horrorszenarien erstarren wir und lassen uns ausbremsen – pures Gift für jede Strategieumsetzung.

„Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen!” – Niels Bohr, dänischer Atomphysiker

Während wir also bei der Prognose die Zukunft aus dem Hier und Jetzt konstruieren, begeben wir uns bei der Regnose auf eine Zeitreise und proji-zieren uns selbst in die Zukunft. Von diesem defi-nierten Zukunftsbild aus beobachten wir uns und die Umgebung und denken dann an unseren ak-tuellen Standpunkt zurück: Was hat sich verän-dert, was nicht?

Wenn Problemfixierung zum Problem wird

Der Unterschied zwischen Prognose und Regnose wird besonders deutlich, wenn wir uns ein konkretes Beispiel vor Augen führen: Stellen Sie sich vor, Sie wollen mit dem Rauchen aufhören. Ihnen ist bewusst, welche gesundheitlichen Risiken Sie damit eingehen und wollen dieses Problem endlich lösen. Der Wille ist da, aber schon bald denken Sie an stressige Arbeitstage oder die nächste Feier – Gelegenheiten, bei denen Sie zukünftig auf die Zigarette verzichten müssen. Das Lösen Ihres ursprünglichen Problems würde demnach viele weitere Probleme und Hindernisse mit sich bringen, die in Ihren Fokus rücken und Sie schließlich davon abhalten, überhaupt etwas zu ändern. Springen Sie nun einmal in die Zukunft und setzen sich gedanklich auf die Terrasse eines Cafés. Anstelle der Zigarettenpackung steht lediglich eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen vor Ihnen. Ihr Sitznachbar fragt nach Feuer, Sie sagen ihm freundlich lächelnd, dass Sie Nichtraucher sind und kein Feuerzeug bei sich haben. Sie verspüren in diesem Moment noch nicht einmal den kleinsten Drang danach, auch nur eine Zigarette zu rauchen. Ihr Zukunfts-Ich kann sich nun die Frage stellen, wie es das geschafft hat und welche positiven Veränderungen seitdem in seinem Leben stattgefunden haben.

Durch die Regnose entfernen Sie sich von der bisherigen Problemfixierung und achten auf die neuen Möglichkeiten, indem Sie sich in Ihr zukünftiges Ich hineinversetzen und -fühlen. Plötzlich ergibt der nötige Wandel Sinn, auch wenn dieser zum aktuellen Zeitpunkt noch unmöglich erscheinen mag. Doch was hat das nun mit der strategischen Ausrichtung Ihres Unternehmens zu tun? Angesichts der Schnelllebigkeit unseres Umfelds sollten Sie sich von vagen oder gar besorgniserregenden Zukunftsszenarien trennen und die Formulierung Ihrer strategischen Ziele nicht länger vom (Nicht)Eintreten bestimmter Umstände abhängig machen. Wer sich zu sehr auf Probleme und Risiken fixiert, wird blind für Lösungswege und neue Handlungsfelder, die sich auf dem Weg in die Zukunft ergeben.

Vom Ertrag zum leistbaren Verlust

Ja, auch der ehemalige Raucher musste zunächst lernen zu verzichten, seine Suchtgewohnheiten zu verändern und neue Genüsse oder vielleicht auch Kompensationen für sich zu entdecken. Weil wir es gewohnt sind, uns auf den Ertrag zu fokus-sieren, und dieser meist erst mit Verzögerung eintritt, verlieren wir schnell die Motivation. In der modernen Geschäftswelt kommt noch hinzu, dass wir unter ständigen Unsicherheiten handeln müssen, was die Ertragsermittlung zusätzlich erschwert. Aus diesen Gründen sollten wir uns zukünftig besser fragen: Was ist mir der Versuch wert? Welchen leistbaren Verlust können ich und das Unternehmen hinnehmen? Nehmen Sie doch einmal Entscheidungen, die gerade bei Ihnen anstehen, ob privat oder ge-schäftlich: Wenn Sie sich diese beiden Fragen stellen, wie würden Sie entscheiden? Erst wenn Sie darauf eine Antwort gefunden haben, sollten Sie in die Planung starten, handeln, daraus lernen und schließlich in einer ewigen Schleife Ihre Erfahrungen mit in die nächsten Entscheidungen einfließen lassen.

Wegweiser Unternehmensvision

Eine erfolgreiche Strategie lebt vom schnellen Handeln und Lernen, auch unter Unsicherheit. Eines sollte dabei auf keinen Fall unterschätzt werden: ein glasklar formuliertes Ziel als Orientierungspunkt. Denn die Frage nach dem leistbaren Verlust ist zumeist gleichzeitig auch mit Risiken verbunden, die man bereit ist, einzugehen und zu verantworten. Im unternehmerischen Umfeld ist daher eine Art strategischer Kompass unerlässlich, an dessen Zielbild kurz- sowie langfristige Entscheidungen und Maßnahmen ausgerichtet werden können. Und was wäre dazu besser geeignet als das individuelle Leitbild Ihres Unternehmens mit Vision, Mission und den dazugehörigen Werten?

Ein Großteil der Unternehmen verfügt heute über ein solches Leitbild, doch nur selten ist es klar genug, um tatsächlich als Richtungsweiser zu dienen. Den Mitarbeitern fehlt es dabei zu oft an der nötigen Verbindlichkeit und Greifbarkeit, die sie in ihre tägliche Arbeit einfließen lassen können und die sie bei Entscheidungen maßgeblich stützen. „Forever faster“ von PUMA oder „Inspire and develop the builders of tomorrow” von LEGO sind Beispiele für Missionen, die in ihrer Klarheit nicht deutlicher sein könnten. Damit ist es das Gesamtpaket an strategischem Leitbild – Vision, Mission und Werte – die Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kollegen die Fahrtrichtung in die Zukunft aufzeigen soll. Dazu müssen Vision und Co. aber mehr als nur ambitionierte Ziele unter dem Reiter „Über uns“ auf Ihrer Unternehmenswebsite sein – „Für uns“ sollte die Prämisse lauten.

Fazit

Vereinen wir nun diese Gedankenstränge bezüglich Regnose und klarem Leitbild, so ergibt sich für uns eine Möglichkeit, trotz zahlreicher Unsicherheiten und plötzlichen Veränderungen zielorientiert zu agieren. Projizieren wir uns heute in die Zukunft und halten uns dabei Vision, Mission und Werte fest vor Augen, dann können wir aus den Differenzen zwischen unserem Zukunfts-Ich und dem aktuellen Standpunkt Strategien ableiten, die nicht das Problem, sondern unsere Möglichkeiten fokussieren. Aus der Zukunft zurückschauen, die Welt von „vorne“ betrachten und unsere Frageweise umkehren: So aktivieren Sie Ihr Future-Mind und schaffen es, neue Horizonte für Ihr Unternehmen wahrzunehmen.

Autor

Johannes Josnik

Geschäftsführender Gesellschafter
Johannes Josnik
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