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Blog-Artikel

Marktsegmentierung – Erfolgsfaktor in der Strategiearbeit

Ein pragmatischer Ansatz für Familienunternehmen

Dr. Alexander Koch | Eine Markt- und Kundensegmentierung als Ausgangspunkt für eine profitable Unternehmensentwicklung
Dr. Alexander Koch | Eine Markt- und Kundensegmentierung als Ausgangspunkt für eine profitable Unternehmensentwicklung

Welchen Nutzen bietet eine saubere Markt- und Kundensegmentierung für die strategische Unternehmensentwicklung? Wie lässt sich eine Segmentierung pragmatisch durchführen? Im folgenden Beitrag geben wir Ihnen einige Denkanstöße aus unserer Erfahrung mit zahlreichen mittelständischen Familienunternehmen.

„Wir richten all unsere Aktivitäten an unseren Kunden aus.“ Dieses Credo schreiben sich inzwischen die meisten Familienunternehmen auf die Fahnen. Tatsächlich bedeutet das allerdings für viele dieser Unternehmen – vor allem, wenn sie in Industriegüter- oder Dienstleistungsmärkten (B2B-Bereich) tätig sind – einen dramatischen Philosophiewechsel. Dieser zieht Konsequenzen im gesamten Geschäftsmodell nach sich. Wo vorher häufig das Produkt und die Technologie im Vordergrund standen, soll nun verstärkt der Kunde in den Mittelpunkt rücken. Das ist richtig und sinnvoll, es ist mithin die einzige Option, vor allen in stagnierenden Märkten die eigene Überlebensfähigkeit langfristig zu steigern.

Viele erfolgreiche Familienunternehmen sind einmal mit einer herausragenden Produktidee gestartet und nicht selten mit einigen wenigen Großkunden gewachsen. In der intensiven und individuellen Betreuung dieser wichtigen Bestandskunden sind gerade solche Unternehmen meist sehr gut aufgestellt und außerordentlich erfahren.

Wie kann aber darüber hinaus ein weiterer Wachstumsschritt erfolgen? Wie können potenzielle Kunden nach bestimmten Kriterien identifiziert und für das Unternehmen gewonnen werden? Wie können neue Quellen profitablen Wachstums erschlossen werden? Bei der Beantwortung dieser Fragen stoßen viele Unternehmen schnell an ihre Grenzen. Zudem ist eine wirklich aktive Bearbeitung des Gesamtmarkts im Sinne einer aussagefähigen Zielkundenselektion mit einer entsprechenden Potenzialbewertung und passenden Maßnahmenplänen häufig nicht Teil der täglichen Arbeit in Vertriebsorganisationen.

Lösung zentraler Kundenprobleme als entscheidende Erfolgsvoraussetzung

Unternehmen sind in aller Regel dann erfolgreicher als andere, wenn es ihnen gelingt, zentrale Probleme ihrer Kunden wahrnehmbar besser zu lösen als der Wettbewerb. Bei Licht betrachtet können nur sehr wenige Unternehmen einer Branche dies durchgängig für all ihre Kunden erfüllen. Häufig sind es ein oder zwei Kundengruppen, mit denen sich ein Unternehmen erfolgreich entwickelt.

So bedient beispielsweise ein Maschinenbauunternehmen über viele Jahre sehr erfolgreich Großkunden aus dem Automotive-Umfeld mit seinen hochspezifischen Anlagen. Dort genießt das Unternehmen eine hohe Reputation und ist in der Branche als einer der Marktführer etabliert. Ein Blick in andere Kundengruppen, für die das Unternehmen ebenfalls Lösungen anbietet (z.B. für die Medizintechnik), zeigt ein völlig anderes Bild. Dort befindet sich dasselbe Unternehmen im grauen Bereich der Austauschbarkeit und ist einer unter vielen, zum Teil wesentlich etablierteren Anbietern, was sich in der Regel in vergleichsweise geringen Mengen und Margen niederschlägt. So führen austauschbare Leistungen gerade in stagnierenden Märkten beinahe zwingend zu abnehmenden Renditen. Entscheidend für den zukünftigen Erfolg ist also der Weg aus der Austauschbarkeit. Und dieser führt zwingend über die wahrnehmbar bessere Lösung von wesentlichen Kundenproblemen!

Segmentierung als Ausgangspunkt und Erfolgsfaktor für die Strategieentwicklung

Welche Anforderungen und Bedürfnisse (zentrale Probleme) hat eine bestimmte Kundengruppe und wie sind wir als Unternehmen tatsächlich in der Lage, diesen Anforderungen umfänglich gerecht zu werden? Was gelingt uns in einem erfolgreichen Segment besonders gut? Was können wir daraus für andere Segmente lernen? Mit anderen Worten: welche Kompetenzen müssen wir also für andere Segmente auf- und ausbauen, um auch dort Wettbewerbsvorteile zu schaffen und profitabel zu wachsen?

Gerade das tiefgehende Wissen über die konkreten Applikationsanforderungen der Kunden (Wie sehen die Applikationen unseres Kunden für unsere Produkte / Leistungen aus?) und über deren Kaufverhalten sind entscheidend für die passende Problemlösung und die passende Marktbearbeitung. Da es jedoch nur in Ausnahmefällen möglich ist, die einzelnen Charakteristika eines jeden einzelnen Kunden in der Strategiearbeit ebenso wie in der operativen Marktbearbeitung zu berücksichtigen, werden die Kunden anhand einzelner Kriterien, die sie gemeinsam haben, zu Marktsegmenten zusammengefasst. Eine saubere Segmentierung der Märkte bzw. Kundengruppen lässt sich hier schnell als einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren ausmachen und ist damit weit mehr als nur eine akademische Übung im Strategieentwicklungsprozess und in der Marktbearbeitung.

Stattdessen geht es mit dem Blick auf Märkte und Kunden darum,

  • strategische Überlegungen klar zu strukturieren und die Homogenität oder Verschiedenheit des eigenen Geschäfts mit unterschiedlichen Kunden tiefgehend zu durchleuchten,
  • so im Gegensatz zu einem undifferenzierten Ansatz konkrete Nischenstrategien auszuarbeiten und die Ressourcen auf besonders lukrative Teilmärkte zu fokussieren,
  • diese in der Strategieentwicklung sicherzustellen, relevante Lücken oder weiße Flecken in der Kundenstruktur zu identifizieren und
  • mit Blick auf die Strategieumsetzung ebenso wie für die zielgerichtete Marktbearbeitung differenzierte und damit wirksame Maßnahmen für die einzelnen Segmente zu erarbeiten.

Nicht zuletzt deshalb sollte man die Aussage von Henry Ford im übertragenen Sinn auch hier beherzigen: „Alles beginnt am Zeichenbrett.“ Im Rahmen der Definition von Segmenten werden mit dem Blick auf Kunden und den Gesamtmarkt diejenigen Aktivitäten eines Unternehmens voneinander abgegrenzt, die unabhängig entwickelt werden können (in der Regel unterschiedliche Geschäftsmodelle verfolgen) und für die eigenständige strategische Überlegungen angestellt werden sollten.

Die Segmentierung ist so betrachtet ein Instrument, um Wettbewerbsvorteile zu identifizieren, in der Folge zu erzielen und die „Spielregeln“ zu verändern. Fehler, die hier gemacht werden, sind später nur mit hohem Aufwand zu korrigieren. Dabei ist die Bildung von Segmenten gerade bei sehr breit und heterogen (in Leistungsspektrum und/oder Kundenstruktur) aufgestellten Unternehmen außerordentlich wichtig für den Erfolg von Strategien, wird aber regelmäßig vernachlässigt.

Pragmatische Kriterien für die Segmentierung

Gerade im Bereich von Industriemärkten / Unternehmensmärkten (B2B) haben sich vor allem folgende Kriterien für eine Segmentierung bewährt:

  • Bedürfnisse der Kunden (ausgelöst durch zu lösende Probleme des Kunden)
  • Branche des Kunden (davon hängen häufig inhaltliche Bedürfnisse an Produkte oder Dienstleistungen ab)
  • Kaufentscheidende Faktoren der Kunden
  • Kaufprozess des Kunden (siehe nachfolgende Abbildung)
  • Stufe der Kunden im Wertschöpfungssystem (Handelskunden, Industriekunden, Endkunden)
  • Qualitätsanspruch der Kunden (High- vs. Low-Quality etc.)
  • Unternehmensgröße
  • Geografische Lage der Kunden

Eine Anmerkung sei zum Kriterium geografische Lage gemacht: nicht für jede Region oder gar jedes Land sollte ein eigenes Segment gebildet werden. Sicherlich unterscheidet sich regelmäßig die Form der Marktbearbeitung in unterschiedlichen Regionen. Die Bedürfnisse und das Verhalten der Kunden können überregional aber deckungsgleich oder zumindest sehr ähnlich sein. Den Kaufprozess im Industriegeschäft, der im Rahmen einer Segmentierung betrachtet werden sollte, zeigt folgende Abbildung:

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Kaufprozess des Kunden

Für die Auswahl der im Einzelfall geeigneten Kriterien (weniger ist häufig mehr) haben sich in der Praxis einige zentrale Anforderungen etabliert:

  • Messbar: Die Ausprägungen der für die Segmentierung genutzten Kriterien müssen mit einem vertretbaren Aufwand ermittelt werden können.
  • Substantiell: Das Marktsegment muss von seiner Größe und seinem Umsatz-/Ertragspotenzial her ausreichend groß sein, um eine separate Bearbeitung wirtschaftlich zu rechtfertigen.
  • Trennbar: Die Segmente müssen unterschiedlich genug sein.
  • Machbar: Das Segment muss effektiv erreichbar und bedienbar sein. Es muss also möglich sein, die einzelnen Segmente durch eine gezielte Marktbearbeitung gesondert anzusprechen und daraus Vorteile abzuleiten.

Was ist die richtige Anzahl an Segmenten?

Häufig ergäbe sich allein schon aus der Kombinatorik der unterschiedlichen Kriterien eine enorme Anzahl an Segmenten. Eine zu starke Untergliederung des Marktes würde eine Aufsplittung in kleine, nicht mehr effektiv zu bearbeitende Pakete nach sich ziehen. Daher bietet es sich häufig an, die im ersten Schritt gebildeten Segmente wieder zu verdichten. Dies kann in mehreren Iterationen geschehen. Es gibt zwar nicht die „richtige“ Anzahl an Segmenten. In der Praxis in Familienunternehmen hat sich aber gezeigt, dass bei einer Anzahl von mehr als 10 bis 12 Segmenten der Aufwand der Bearbeitung überproportional steigt und gleichzeitig der Zugewinn an Informationsgehalt deutlich sinkt.

Daher scheint eine Anzahl von bis zu 10 Segmenten für die Strategieentwicklung angemessen und handhabbar zu sein. Denn was passiert in den nächsten Schritten mit diesen Segmenten?

Nutzung der Segmentierung in der Strategieentwicklung

Die Segmente werden im Grunde im gesamten Strategieentwicklungsprozess genutzt. Denn für jedes der Segmente (aber nicht nur für diese!) werden eigenständige strategische Überlegungen angestellt.

Zunächst sollten die Segmente strukturiert in Segmentprofilen beschrieben werden:

  • Größe und Potenzial des Segments
  • Hauptkunden und Hauptwettbewerber
  • Bedürfnisse und kaufentscheidende Faktoren der Kunden
  • Leistungsspektrum
  • Herausforderungen und Chancen
  • Wettbewerbsvorteile
  • Positionierung und Eckpunkte für die Marktbearbeitung

Auf dieser Grundlage lassen sich Segmentstrategien erarbeiten, die wieder für eine aktive Marktbearbeitung genutzt werden. Ebenso lassen sich Lücken im „Segmentportfolio“ eines Unternehmens identifizieren. So können neue Segmente als strategisch relevant bewertet und in der Folge konkret bearbeitet werden.

Fazit

Insgesamt bildet eine saubere Marktsegmentierung die zentrale Grundlage für Kundenorientierung und Differenzierung. Sie wird zum Ausgangspunkt und Fundament für eine fokussierte wachstumsorientierte und profitable Unternehmensentwicklung. Denn aus der Segmentierung und den damit gewonnenen Informationen lässt sich ableiten, über welche Kompetenzen ein Unternehmen künftig verfügen muss, um in umkämpften Märkten klare Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Die Segmentierung sollte daher zwar pragmatisch angegangen werden, sie sollte aber in jedem Strategieentwicklungsprozess eine wesentliche Rolle spielen.

Autor

Dr. Alexander Koch

Geschäftsführender Gesellschafter
Dr. Alexander Koch
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