Unternehmensberatung ist abwechslungsreich und kreativ Interview mit Kim Verbakel

Kim, Du warst bei verschiedenen Familienunternehmen im operativen Business tätig, hast die Reorganisation einer Tochtergesellschaft in den USA durchgeführt, Akquisitionsoptionen auf Basis einer Marktstudie in Asien geprüft, zwei Jahre im Baltikum mit der Entwicklung und Umsetzung einer Unternehmensstrategie verbracht und eine Integrations- und Transformationsstrategie für eine Tochtergesellschaft in Skandinavien erarbeitet und umgesetzt. Dabei warst Du auch im Interimsmanagement tätig und hast verschiedene Teams geführt. Wann ist der Wunsch entstanden, in die Unternehmensberatung zu wechseln?

Nach zehn Jahren in unterschiedlichen Funktionen im strategischen Management in Familienunternehmen hatte ich einige Quervergleiche zwischen verschiedenen Unternehmen und Branchen. Das fand ich sehr spannend. Eine komplett andere Perspektive als externe Unternehmensberaterin in vielen Familienunternehmen einzunehmen, hat mich sehr gereizt. Das Spannende an der strategischen Planung finde ich, dass die gemeinsam entwickelte Strategie das Unternehmen zukunftsfähig macht. Fakt ist aber auch: für viele Unternehmen ist die Umsetzung eine große Herausforderung. Die strategische Planung muss zu dem jeweiligen Unternehmen passen und so gestaltet sein, dass die Umsetzung auch gelingen kann. Meine im Management von Familienunternehmen gesammelten Erfahrungen sind in diesem Zusammenhang sehr hilfreich.

Mein besonderes Herzensthema ist das strategische Integrationsmanagement im Rahmen von M&A-Projekten und Joint Ventures, in deren Zusammenhang Unternehmerinnen und Unternehmern Antworten auf wichtige Fragen suchen: Welche Ziele will ich mit der Akquisition erreichen? Welches sind die richtigen Partner für mein Unternehmen? Kann mir eine grenzübergreifende Akquisition gelingen? Wie muss ich ein M&A-Projekt organisieren? Welche externe Unterstützung benötige ich? Wie zentral oder dezentral soll ich die zugekaufte Gesellschaft integrieren? M&A-Projekte werden auch für den Mittelstand immer relevanter und sind eine echte Alternative zum häufig sehr aufwändigen organischen Wachstum. Ich arbeite gerne direkt mit den Entscheidungsträgern im Unternehmen zusammen, schätze meinen Gestaltungsspielraum und empfinde meine Beratungstätigkeit als sehr abwechslungsreich und kreativ. Denn letztlich geht es darum, aktuellen Herausforderungen immer wieder mit individuell passenden Ideen und Lösungen zu begegnen. Für diese berufliche Veränderung war in diesem Jahr einfach der richtige Zeitpunkt.

Wie kamst Du auf Weissman & Cie.?

Eines der Familienunternehmen, in denen ich vor einigen Jahren tätig war, hat mit Weissman & Cie. eine Unternehmensstrategie erarbeitet. Ich hatte von den positiven Erfahrungen gehört und war auch aktiv an internen Folgeprojekten beteiligt. Die Ergebnisse und Erzählungen haben mein Interesse geweckt. Ich war schon immer fasziniert von Familienunternehmen und bin daher bis heute ausschließlich in Familienunternehmen unterschiedlicher Größen tätig gewesen. Dabei durfte ich sowohl unternehmergeführte als auch unternehmergesteuerte Unternehmen kennenlernen, also mit Fremdgeschäftsführern und mit den Unternehmerfamilien selbst zusammenarbeiten. Ich mag die besonderen Eigenschaften und auch die Eigenheiten von Familienunternehmen und finde es toll, wenn Unternehmerfamilien für ihr Business brennen, wenn Entscheidungen nicht nur zahlenbasiert getroffen werden, sondern es auch „menschelt“.

Du bist nun seit einem halben Jahr als Senior Beraterin dabei. Wie hast Du den Wechsel erlebt?

Mein Arbeitsalltag ist gar nicht so anders als vorher. Ich reise zwar nicht mehr so viel international, aber arbeite mit international ausgerichteten Unternehmen zusammen. Ich liebe es, nicht im stillen Kämmerlein zu arbeiten, sondern viele Unternehmerinnen und Unternehmer kennenzulernen. Es laufen viele Projekte parallel, also muss ich schnell von einem Thema ins andere springen und mich in kurzer Zeit in neue Dinge einarbeiten. Auf der einen Seite ist das herausfordernd, besonders wenn die Projekte eng getaktet sind, auf der anderen Seite eröffnet es viele Perspektiven und ich lerne permanent dazu, was mir sehr gefällt.

Derzeit arbeite ich in einem Organisationsprojekt eines Unternehmens im Bereich der Transportlogistik mit 3.000 Mitarbeitenden. Dort wollen wir eine zukunftsfähige Organisationsstruktur aufbauen, die optimal steuerbar und klar auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtet ist. In einem anderen Projekt berate ich eine Maschinenbau-Unternehmensgruppe mit über 1.000 Mitarbeitenden. Hier geht es um klassische Strategieentwicklung, die zu einem signifikanten Wachstum führen und neue profitable Geschäftsfelder über die Strategien der einzelnen Einheiten erschließen soll. Und schließlich unterstütze ich derzeit einen Online-Versandhändler mit 250 Mitarbeitenden dabei, das Geschäftsmodell zu transformieren, das Produktportfolio zu prüfen und die Marke klar zu positionieren.

Die bei vielen parallellaufenden Projekten möglichen Quervergleiche finde ich besonders interessant. Ich musste mich aber daran gewöhnen, als Beraterin nicht die Zeit zu haben, die jeweiligen Unternehmen nicht bis ins letzte Detail zu kennen, da ich eben nicht als Mitarbeiterin viele Jahre Teil des Unternehmens bin. Und dennoch muss ich in kurzer Zeit die relevanten Informationen im Unternehmen sammeln, um die richtige Strategie zu erarbeiten. Ich muss also lernen, die richtigen Fragen zu stellen und aus den Antworten die richtigen Schlüsse zu ziehen. Grundsätzlich müssen alle Veränderungen sehr gut vorbereitet ein und die Grundlagen für Entscheidungen müssen sorgfältig erarbeitet werden. Es geht in den Projekten auch darum, Beziehungen aufzubauen und zu pflegen, manchmal muss ich auch mit unterschiedlichen internen Meinungen beim Kunden umgehen. Als Externe, die nur für einen begrenzten Zeitraum dabei ist, ist das eine Herausforderung, die gut gemanagt und moderiert werden muss.

Was sind aus Deiner Sicht derzeit die größten Herausforderungen für Familienunternehmen?

Es gibt immer mehr gesellschaftspolitische Auflagen, z. B. hinsichtlich Nachhaltigkeit und nachhaltigem Wirtschaften. Familienunternehmen tendieren manchmal dazu, diese Themen aufzuschieben und die Relevanz für das eigene Unternehmen abzuwarten. Sie verpassen dabei leicht die Möglichkeit, diese Themen als Chance zu nutzen. Der ständige Wandel zwingt auch mittelständische Unternehmen, sich immer wieder die Frage zu stellen, mit welchen Maßnahmen sie wettbewerbs- und zukunftsfähig bleiben können und wie sie ihren USP behalten oder sogar ausbauen können. Auch die digitale Transformation ist bei vielen Familienunternehmen noch nicht vollständig umgesetzt. Welche Auswirkungen werden die Themen „Künstliche Intelligenz“ und „Robotik“ auf uns haben? Und wie bleiben diese Entwicklungen für uns beherrschbar? Wie gehen wir bei den steigenden Mengen an Daten mit Themen wie Datensicherheit und Cybersecurity um?

Und nicht zuletzt ist aus meiner Sicht eine zentrale Frage, wie Familienunternehmen Akquisitionen als Alternative zum organischen Wachstum nutzen können. Wie können sie strategisch zweckmäßig zukaufen und gut integrieren? Mittelständische Unternehmerinnen und Unternehmer realisieren Zukäufe häufig eher nach Bauchgefühl, manchmal machen sie das erfolgreich, aber sehr häufig erreichen sie die mit der Akquisition verbundenen Ziele nicht. Ich bin davon überzeugt, dass es ein Bündel strategischer Maßnahmen erfordert, um den Erfolg solcher Akquisitionen systematisch zu erhöhen und das Risiko des Scheiterns zu minimieren. Hier geht es vor allem darum, die richtigen Mitarbeitenden und Führungskräfte an Bord zu haben – das ist definitiv ebenfalls eine der wesentlichen Herausforderungen für die Zukunft.