Moritz Weissman im Handelsblatt zur Digitalisierung im Mittelstand

Dr. Anna Bähring

Dr. Anna Bähring

Marketing & PR

„In die digitalen Fähigkeiten der Belegschaft zu investieren rechnet sich, weil mit jedem kompetenten Mitarbeiter das gesamte Unternehmen kompetenter wird.“ – Geschäftsführer Moritz Weissman kommt im Handelsblatt (19.02.2019) zum Potenzial der Digitalisierung im Mittelstand zu Wort. Der Artikel „Schwieriger Sprung“ beleuchtet die Trends 2019, die mit der Digitalisierung einhergehen.

 

Schwieriger Sprung

Viele kleine und mittlere Unternehmen lassen das Potenzial der Digitalisierung ungenutzt. Das droht sich zu rächen.

Jürgen Hoffmann

Der Berliner Jan Karnath hat ein Faible für Oldtimer. Der 34-Jährige betreibt seit September vergangenen Jahres eine Online-Plattform, über die Händler und Sammler ihre Autoklassiker verwalten und verkaufen. Auf der Seite gapless.app können sie die Historie ihrer wertvollen Stücke dokumentieren und verifizieren lassen. Dazu bietet die Plattform die Möglichkeit, Bilder, Kaufbelege und Wertgutachten zu hinterlegen. Der Service kostet Sammler nichts. Professionelle Händler allerdings bezahlen je nach Umfang der in Anspruch genommenen Leistungen Gebühren zwischen 50 und 500 Euro. Der Clou bei der Sache: Gapless arbeitet mit der Blockchain-Technolgie. „Weil diese auf Kryptografie basiert, ist es extrem schwer, Daten zu verfälschen“, begründet Karnath seine Entscheidung.

In Deutschland gibt es kaum noch einen Mittelständler, der nicht seine Arbeitsabläufe und Organisation digitalisiert oder gleich darangeht, sein Geschäftsmodell komplett umzukrempeln. Gapless ist da nur die technologische Spitze des Eisbergs. Der „Digital Concierge“, wie sich das Unternehmen beschreibt, an dem Porsche 25 Prozent hält, will Ende des Jahres 12 000 Fahrzeugprofile verwalten und mittelfristig sein Blockchain-Portal auch für Uhren, Kunst und Schmuck eröffnen. „Durch den Einsatz neuer Technologien eröffnen sich neue Geschäftsmöglichkeiten“, ist Karnath fest überzeugt. Doch viele andere Mittelständler schöpfen ihr Digitalisierungspotenzial noch längst nicht aus, so eine KfW-Studie. Demnach hat nur jeder dritte bis vierte kleine oder mittlere Betrieb in den vergangenen drei Jahren in den Einsatz digitaler Technologien investiert. 40 Prozent dieser Unternehmen wollten laut einer Befragung des IT-Beratungsunternehmens DXC mit Transformation Erfolge bei der Zufriedenheit ihrer Kunden erzielen, jeweils 34 Prozent Qualitäts- oder Produktivitätsverbesserungen. Nur jeder vierte Befragte nannte als Ziel die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Das dürfte Christopher Meinecke, Leiter Digitale Transformation beim Branchenverband Bitkom, nicht gerne lesen. Er sieht viele neue Optionen: „Logistikunternehmen etwa, die bisher nur Waren von Anach Btransportiert haben, können durch 3D-Druck zu Produzenten werden, die Ersatzteile auch selbst herstellen.“ Wolfgang Herbst vom Beratungsunternehmen DXC ergänzt: „Solche Erweiterungen traditioneller Wertschöpfungsketten versetzen Betriebe in die Lage, neue Kunden zu gewinnen und über Kooperationen mit anderen Unternehmen via digitale Plattformen zusätzliche Umsätze zu generieren.“

Bitkom-Experte Meinecke rät Mittelständlern, 2019 nicht nur in Technologie zu investieren: „Um die digitale Transformation erfolgreich zu gestalten, braucht man die besten Experten.“ Die allerdings sind rar. Laut Bitkom fehlen bundesweit rund 82 000 IT-Experten. Alternative: Kontinuierliche Weiterbildung der bestehenden Mannschaft. Dafür sollten Firmenchefs mehr Geld in die Hand nehmen, meint Moritz Weissman, Berater inhabergeführter mittelständischer Betriebe: „In die digitalen Fähigkeiten der Belegschaft zu investieren rechnet sich, weil mit jedem kompetenten Mitarbeiter das gesamte Unternehmen kompetenter wird.“

Expansion dank Technologie

Auch in verstärkter Zusammenarbeit mit Start-ups sieht Meinecke große Chancen: „Der Mittelständler erhält technologisches Know-how und ein Tempo, das er allein in seinem Haus meist nicht entwickeln kann.“ Laut dem Monitoring-Report „Wirtschaft Digital“ gehen bisher allerdings ganze vier Prozent der deutschen Klein- und Mittelbetriebe diesen Weg. Einer von ihnen: Roman Degenhardt, Inhaber von „Der SchuhLaden“ in Bebra mit zwölf Filialen und 110 Mitarbeitern. Er hat sich vom Jungunternehmen Gaxsys helfen lassen, durch ein B2B-System einen neuen Absatzkanal aufzubauen. Dafür wurde eine browserbasierte Software installiert, über die Degenhardt sehen kann, welche Schuhe große Webshops wie Zalando aktuell brauchen, er wählt die für ihn wirtschaftlich lukrativen Orders und liefert die Schuhe.

Degenhardt muss 18 Prozent seines Bruttoverkaufspreises nachlassen, davon bekommt Zalando 15 Prozent, Gaxsys drei Prozent. Dennoch ist er mit dieser Aufteilung zufrieden: „Ich habe keinen technischen und personellen Aufwand, muss keinen Cent investieren“, frohlockt der Mittelständler. Gaxsys-Chef Philipp Kannenberg, der 400 kleine und mittelständische Kunden zählt, sagt dazu: „Für diesen E-Commerce-Einstieg braucht ein Händler nur Internetanschluss und Drucker.“ 2019 will der Schuhladen in Bebra die Hälfte seines Umsatzes online machen.

KI-Einsatz beschleunigt sich

Ein Megatrend, der dieses Jahr Experten zufolge an Dynamik zulegen wird: Künstliche Intelligenz (KI). „Die Frage als mittelständischer Unternehmer ist nicht mehr, ob ich KI nutze, sondern wie setze ich sie am besten zur Wertschöpfung in meinem Betrieb ein“, sagt Herbst. Der eine Betrieb setzt ein selbstlernendes System zur Mustererkennung in der Qualitätskontrolle ein, ein zweiter eine textbasierte Dialoglösung in der Kundenbetreuung.

Der Kühlgerätehersteller Sub-Zero Wolf wertet mithilfe einer Analytics-Lösung des Softwareanbieters SAS Serviceberichte, Callcenter-Notizen und Produktinformationen aus, um frühzeitig technische Probleme an Maschinen zu erkennen und zu beheben. Mit Erfolg: Die Anzahl der Reparaturen ist um 50 Prozent zurückgegangen. „Durch ein Selflearning-Verfahren wird das System immer besser, kann den Ingenieuren aus immer mehr Begriffen, Mustern und Zusammenhängen neue Erkenntnisse liefern“, erläutert SAS-Manager Andreas Becks das Konzept.

Ein anderes Beispiel: DeepRay. Diese Machine-Learning-Technologie hat das IT-Security-Haus GData entwickelt. Ab April wird das Unternehmen DeepRay in seine Business-Lösungen integriert, um die IT-Sicherheit zu erhöhen. Ein neuronales Netz, gefüttert und trainiert mit Wissen aus 30 Jahren Computerschädlingsbekämpfung, erkennt anhand von mehreren Hundert Kriterien, ob es sich bei einer Datei um eine verhüllte Schadsoftware handelt. „Jede neue Prüfung macht DeepRay schlauer“, verspricht Vorstandsmitglied Andreas Lüning. „Der Algorithmus verfeinert sich von Mal zu Mal.“ Die KI-Ergänzung koste GData-Kunden keinen Cent, „die Stärke der neuen Version aber wird beste Werbung sein“.

Christian Dürk, Vorstand der Beratungsfirma Corivus, sieht ein weiteres KI-Einsatzfeld: „Was nutzt es, wenn ein Betrieb neue digitale Produkte und Services hat, die einzelnen Projektschritte aber immer noch von Hand geschehen?“ Durch digitale Lösungen ließen sich in vielen mittelständischen Unternehmen Ressourcen schonen und durch selbstlernende Systeme Abläufe optimieren. Dürk setzt einen „digitalen Assistenten“ ein, der beispielsweise auf Projektrisiken aufmerksam macht: „Besser als jede Dokumentation kann er dafür sorgen, dass ein Fehler aus früheren Projekten kein zweites Mal gemacht wird.“

Laut Weissman werden 2019 mehr Mittelständler KI nutzen, „weil sie bezahlbar geworden ist“. Zudem würden „Datenschutz und Datensicherheit eine große Rolle spielen“. Habe im Jahr 2018 die Datenschutz-Grundverordnung für viel Unruhe im Mittelstand gesorgt, werde 2019 die ergänzende ePrivacy-Verordnung Firmenchef Weissmann zufolge zu einer neuen Herausforderung für viele Unternehmen: „Das wird wieder viel Zeit, Geld und Nerven kosten.“

Erschienen in: Handelsblatt, 19.02.2019

Lesedauer: 7 Minuten

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